Gebäudehülle wirksam sanieren – Blick in die Gemeindepraxis

Gemeinden haben laut kantonalem Energiegesetz beim Bau und der Nutzung von Gebäuden eine Vorbildfunktion. Um die Energieeffizienz zu verbessern, steht vielerorts der Ersatz von fossilen Heizungen im Vordergrund. Genauso wichtig ist aber die Sanierung der Gebäudehülle. Damit lassen sich der Energieverbrauch verringern und Kosten sparen. Wir zeigen zwei Beispiele aus den Gemeinden Bäriswil und Muri b. Bern.

Um die Energieeffizienz von Gebäuden zu steigern, ist die Sanierung der Gebäudehülle eine zentrale Massnahme. «Wenn immer möglich sollte sie vor einem Heizersatz geprüft und umgesetzt werden», erklärt Saskia Frey-von Gunten, Leiterin der öffentlichen Energieberatung Bern-Mittelland. Der Fokus liege im Moment vielerorts auf dem Ersatz von Heizanlagen, stellt die Energieberaterin fest. «Nicht verbrauchte Energie ist jedoch immer noch am kostengünstigsten und ökologischsten. Zudem kann man eine neue Heizung nach der Sanierung der Gebäudehülle optimal dimensionieren und insbesondere dank tieferen Vorlauftemperaturen viel effizienter betreiben», betont sie.

Eine sanierte Gebäudehülle reduziert den Wärmeverlust und damit den Energieverbrauch massgeblich und zahlt sich aus – nicht nur punkto Verbrauch. Denn Massnahmen für eine bessere Energieeffizienz dienen auch dem Werterhalt des Gebäudes oder können dessen Wert sogar erhöhen. Weitere wichtige Pluspunkte: Dank sanierter Gebäudehülle steigt der Wohnkomfort deutlich, und gleichzeitig trägt die Massnahme zum Klimaschutz bei.

Gezielte Einzelmassnahmen oder Gesamtsanierung

Ob mit punktuellen Massnahmen zur Reduktion der grössten Wärmeverluste bei Dach, Keller oder Fenstern oder als Gesamtsanierung inklusive des Einsatzes von Photovoltaik in der Fassade: Wie die Sanierung von Gebäudehüllen in der Praxis aussehen kann, zeigt der Blick in die Gemeinden Bäriswil und Muri b. Bern.

Bäriswil: Das historische Gemeindehaus ist energetisch in der Neuzeit angekommen

Objekt: Gemeindehaus, denkmalgeschütztes ehemaliges Bauernhaus, Baujahr 1888

Eckwerte

  • 2011: Regionale Energieberatungsstelle prüft das Gebäude auf Energiesparmöglichkeiten hin
  • Gemeinde beauftragt daraufhin einen Architekten mit der Erarbeitung eines Sanierungsplans
  • Umsetzung der Sanierungsmassnahmen erfolgen in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege

Energetische Sanierungsmassnahmen Gebäudehülle

  • 1984: Realisierung einer 5–7 cm dicken Innenisolation
  • 2013: Ersatz der historischen Fenster durch dreifachverglaste Fenster, Ersatz von Türen
  • 2014: Ersatz der Lukarnenfenster im Obergeschoss durch dreifachverglaste Fenster
  • 2015: Dämmung der Dachschräge mit 22 cm dicker Schicht Isofloc

Motivation

  • Gemeinde will mit gutem Beispiel vorangehen
  • Umsetzung der kommunalen Sanierungsstrategie für gemeindeeigene Liegenschaften
  • Einsparung von Energie und Kosten, Steigerung der Raumqualität
  • Beitrag zum Klimaziel Netto-Null

Vorteile

  • Entlastung Gemeindefinanzen (Einsparungen)
  • Weniger Zugluft / kalte Abstrahlung, Fenster nicht mehr beschlagen
  • Im Sommer kühler, allgemein besseres Raum-/Arbeitsklima

Muri bei Bern: Das Schulhaus wird zum «Kraftwerk»

Objekt: Schulanlage Melchenbühl, Gümligen, Baujahr 1971

Eckwerte

  • Zeitraum Sanierung: Sommer 2024 bis Sommer 2026, Schulnutzung wird ausgelagert, da Bauarbeiten unter Betrieb nicht möglich
  • Energiebezugsfläche EBF (gem. Vorprojekt): Schulgebäude 1’783 m2, Turnhalle 735 m2, Schwimmhallte 832 m2, total 3’350 m2.
  • Kosten: 14,4 Mio. Franken

Energetische Sanierungsmassnahmen Gebäudehülle

  • Dämmen und Verputzen der zweischaligen Betonwände im Sockelgeschoss
  • Ersatz der Fenster
  • Erneuerung der hinterlüfteten Fassadenkonstruktion mit einer Photovoltaikfassade oberhalb des Sockelgeschosses: Photovoltaik-Fassadenanlage mit 550 m2 und 100 kWp
  • Vollständige Erneuerung und Elektrifizierung Sonnenschutz
  • Sanierung nach Standard Minergie A

Motivation

  • Bauliche Dringlichkeit
  • Umsetzung der kommunalen Klima- und Energiestrategie mit Ziel Klimaneutralität der Verwaltung bis 2035
  • Vorbildfunktion mit (gut sichtbarem) Leuchtturmprojekt Fassaden-PV-Anlage, naturnahe Umgebungsgestaltung mit Fokus auf Entsiegelung und mehr Begrünung für besseres Mikroklima
  • Langfristige Gewährleistung Betrieb ohne Wertvernichtung

Vorteile

  • Geringere Betriebs- und Unterhaltskosten
  • Schulhaus wird zum «Kraftwerk» (mit gutem Eigenverbrauch, da Betrieb dann, wenn das Gebäude genutzt wird)
  • Zeitgerechtes Unterrichts- und Arbeitsklima, Klimaanpassung

Gemeinden in der Vorbildrolle

«Wie eingangs erwähnt haben die Gemeinden gemäss kantonalem Energiegesetz eine Vorbildfunktion», bekräftigt Saskia Frey-von Gunten. «Wenn sie mit gutem Beispiel vorangehen, kann dies private Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer – ebenso wie andere Gemeinden – motivieren, sich mit der Sanierung von Gebäudehüllen auseinanderzusetzen.» Die regionale Energieberatungsstelle bietet auf ihrer Website weiterführende Informationen zum Thema.

Neu: Kantonsgelder für kommunale Klimastrategien

Ab sofort unterstützt der Kanton Bern die Gemeinden auch finanziell dabei, konkrete Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und zur Anpassung an den Klimawandel zu definieren. Finanziert werden dabei 50 Prozent der Kosten, die bei der fachlichen Erarbeitung der kommunalen Klimastrategie entstehen – jedoch maximal 20’000 Franken pro Gemeinde. Von der kantonalen Unterstützung können Gemeinden profitieren, die u. a. ihre Klimastrategie entsprechend dem «Wegweiser Klimastrategie» des Bundesamts für Umwelt erarbeiten und sich auf die Daten der Energie- und Klimadatenplattform des Kantons Bern abstützen.

Die regionale Energieberatungsstelle bietet Gemeinden Unterstützung beim Erarbeiten einer kommunalen Klimastrategie. Weiterführende Informationen finden Sie hier.

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