Fossile Heizungen ersetzen und auf erneuerbare Heizsysteme umsteigen – ein wichtiger Hebel auf dem Weg zur Klimaneutralität. Steht ein Heizungsersatz an, kann die digitale Wärmeversorgungskarte wertvolle Entscheidungshilfe leisten: Sie zeigt für jedes Gebäude einer Gemeinde auf, welcher erneuerbare Energieträger idealerweise eingesetzt wird. Ein Blick nach Köniz.
Wer sich heute mit dem Ersatz seiner Heizung auseinandersetzt, begegnet bald einmal grundsätzlichen Fragen: Welche Arten von Heizungen sind zeitgemäss und zukunftstauglich, respektive: Welcher Energieträger eignet sich am besten? Entsprechend gesucht sind Grundlagen für einen fundierten Entscheid. Hier kann eine Wärmeversorgungskarte wichtige Hilfestellung bieten. Das Wichtigste zu diesem digitalen Tool:
Gemeinden wie Köniz oder Bern haben für ihr Gemeindegebiet eine Wärmeversorgungskarte entwickelt und wenden sie in der Praxis an. Nachgefragt bei Adrian Stämpfli, Leiter Fachstelle Umwelt und Energie der Gemeinde Köniz.
Wann und weshalb hat sich Köniz entschieden, eine Wärmeversorgungskarte zu erstellen?
Wir haben vor etwa fünf Jahren festgestellt, dass unser Richtplan Energie (RPE) als Informationsinstrument für die Bevölkerung nicht mehr zufriedenstellend ist. Unser RPE der ersten Generation wurde im Jahr 2013 als einer der ersten im Kanton Bern in Kraft gesetzt. Seither haben sich viele Rahmenbedingungen geändert und neue Erkenntnisse sind hinzugekommen.
Beispielsweise fand man heraus, dass das Grundwasser, welche im RPE grossflächig als prioritärer Energieträger zur Wärmenutzung ausgeschieden wurde, aufgrund von Verschmutzungen nicht oder nur sehr beschränkt nutzbar ist. Diverse Wärmeverbünde wurden geplant und umgesetzt, was im Richtplan ebenfalls nicht ersichtlich ist. Die Liegenschaftseigentümer:innen, welche sich mit dem RPE zu den empfohlenen Energieträgern informierten, waren also nicht auf dem neuesten Stand. Dem wollten wir mit einer gebäudescharfen Karte auf dem Geoportal entgegenwirken, wo jeweils die aktuellsten Erkenntnisse einfliessen. Unser Ziel war und ist es, damit die Wechselrate der fossilen Heizungen zu erneuerbaren Lösungen beschleunigen zu können.
Was braucht es, um eine Wärmeversorgungskarte zu erarbeiten?
Es braucht sicher personelle Ressourcen für die Erstellung und den Unterhalt der Karte, dies auch im Fall, dass die Produktion durch eine externe Firma erfolgen sollte. Das Allerwichtigste ist aber die Verfügbarkeit von aktuellen Daten zu den Energieträgern für jedes Gebäude. Sie bilden die Basis der Wärmeversorgungskarte. Die Angaben aus dem Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) waren bei uns bezüglich Energieträger oft lückenhaft, deshalb griffen wir auf andere Quellen zurück: für die fossilen Heizungen und die Holzheizungen etwa auf die Daten aus der Feuerungskontrolle, für die Erdsonden auf die Baubewilligungen oder die Gewässerschutzbewilligungen. Wir wissen somit für praktisch jedes Gebäude, wie es aktuell beheizt wird.
Welche Vorteile bringt die Wärmeversorgungskarte für die Gemeinde?
Die Wärmeversorgungskarte hilft uns als Gemeinde beim Monitoring der Klimaziele – Köniz will bis 2045 klimaneutral sein –, bei der räumlichen Energieplanung oder für Auskünfte an die Bevölkerung zum Thema Heizungsersatz. Den Liegenschaftseigentümer:innen, den Heizungsinstallateur:innen oder den Energieberater:innen können wir stets aktuelle Informationen und Erkenntnisse zur Verfügung stellen. Wie gesagt, erhofft sich unsere Gemeinde von der Wärmeversorgungskarte eine Beschleunigung des Heizungsersatzes, um ihr Ziel Netto-Null bis 2045 zu erreichen.
Und welchen Mehrwert hat die Bevölkerung?
Für Haus- oder Wohnungseigentümer:innen erleichtert die Wärmeversorgungskarte ein Stück weit die oft aufwendige Arbeit, Informationen von verschiedenen Quellen zusammenzutragen, um zu einem Entscheid betreffend Heizungsersatz zu kommen. Für sie reduzieren sich die Kosten für Vorabklärungen, wenn aufgrund der Karte bereits ersichtlich wird, dass der Einsatz gewisser Energieträger nicht umsetzbar oder nicht zulässig ist. Oder wenn sie feststellen, dass ein Wärmeverbund in der Umgebung geplant oder bereits realisiert ist.
Köniz hat seine Wärmeversorgungskarte kürzlich überarbeitet.
Genau. Mit dem Update erfahren die bereits bestehenden erneuerbaren Heizungen eine gewisse «Sonderbehandlung»: Bei diesen Gebäuden empfehlen wir keinen Energieträger mehr – sie sind ja bereits auf Netto-Null-Kurs – sondern weisen sie höchstens auf weitere Potenziale wie zum Beispiel Effizienzmassnahmen oder Solarenergie hin. Ausserdem ermöglicht es unsere überarbeitete Wärmeversorgungskarte, alle bestehenden Heizungen nach Energieträger sichtbar zu machen. So weiss das Ehepaar Muster künftig, welche Heizung ihre Nachbar:innen haben. Das kann den positiven Effekt haben, dass man sich bei den Nachbar:innen über die erneuerbare Lösung informiert.
Was waren die grössten Herausforderungen bei der Erarbeitung der Wärmeversorgungskarte?
Wir sind in der Gemeinde Köniz in der glücklichen Lage, eine eigene Geomatikabteilung zu haben. Deshalb haben wir uns entschieden, die Karte selbst zu entwickeln, obwohl es auch externe Anbieter:innen mit fixfertigen Produkten gibt. Das hiess aber auch, dass wir uns von A bis Z Gedanken machen mussten, was in der Karte genau dargestellt werden soll, welche Daten wir dazu benötigen und wie wir den Prozess zur Aktualisierung gestalten wollen. Eine besondere Herausforderung war die Verknüpfung der Daten aus der amtlichen Vermessung mit den Energiedaten.
Konnte Köniz von der Erfahrung anderer Gemeinden profitieren?
Als wir starteten, hatten die Stadt Bern oder die Stadt Zürich bereits eine Wärmekarte. Wir konnten uns deshalb das eine oder andere davon «abgucken».
Was empfehlen Sie anderen Gemeinden, die sich Gedanken zu einer Wärmeversorgungskarte machen?
Eine Wärmeversorgungskarte funktioniert nur mit einer soliden Datengrundlage zu den eingesetzten Energieträgern pro Gebäude, zu bestehenden Nutzungseinschränkungen und zu Wärmeverbünden. Die Daten müssen laufend auf dem aktuellen Stand gehalten werden, was entsprechende personelle und finanzielle Ressourcen voraussetzt. Nicht zuletzt nützt eine Wärmeversorgungskarte nur, wenn sie der Bevölkerung bekannt ist. Deshalb ist eine breite Kommunikation wichtig. Beispielsweise in der Ortszeitung, auf der Website, in den sozialen Medien, an Informationsveranstaltungen oder als Beilage zu den Rechnungen für Wasser, Wärme, Gas, Strom. Zugleich kann eine Bekanntmachung an die Liegenschaftseigentümer:innen auch via Feuerungskontrolle erfolgen.