Louis Dupras im Gespräch

Louis Dupras war von 2007 bis Juni 2019 Geschäftsführer der von den Regionsgemeinden mitfinanzierten Camerata Bern. Zu seinem Abschied haben wir ihm drei Fragen gestellt. In einem Porträt schrieb die «Berner Zeitung» Louis Dupras «Schalk» zu – eine Eigenschaft, die sich im Gespräch mit ihm bestätigt. Er ist ein offener Geist, der sich viele Gedanken weit über die klassische Musik hinaus macht.

Louis Dupras, Sie waren zwölf Jahre lang Geschäftsführer der Camerata Bern. Wie hat sie sich in Ihrer Wirkungszeit entwickelt?

Zwölf Jahre sind tatsächlich lang. Zudem waren sie sehr intensiv – ganz nach dem Diktum von Nikolaus Harnoncourt: «Wahre Schönheit ist ein direkter Nachbar der Katastrophe.»

Heutige Konzertprogramme unterscheiden sich wesentlich von früheren. Wir konnten das Profil schärfen und Risikoscheu ablegen: Bei der Wahl und Zusammenstellung der Stücke gehen wir grössere Wagnisse ein. Wir haben das Repertoire in jede Richtung erweitert – zum Beispiel spielen wir Streichquartette in Grossformation, oder umgekehrt: Grosswerke in Kammerformation. Auch bei den Finanzen sieht es gut aus: Die Unterstützung durch die öffentliche Hand hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Die Stiftung steht auf stabilen Füssen und konnte sich ein kleines Eigenkapital erarbeiten.

2018 spielte die Camerata vor voll besetzten Reihen im Belp. Welchen Bezug hat die Camerata zur Region?

Klassische Musik ist ein wichtiger Teil unserer Kultur – und kulturelle Vielfalt ist Ausdruck einer gesunden Gesellschaft. Die Camerata trägt den Namen Bern in die Welt hinaus und ist so Botschafterin und Fahnenträgerin bernischer Identität.

Alexander Tschäppät hat die Camerata einmal mit YB verglichen: Wie bei YB spielen im Camerata-Ensemble neben internationalen Stars auch eine Handvoll Künstlerinnen und Künstler aus der Region. Diese sind neben ihrem ca. 25–35-Prozent-Pensum auch sonst in der Region aktiv und geben ihre musikalischen Erfahrungen und Inspiration weiter, zum Beispiel als Mitglieder in anderen Formationen und als Musikschul-Lehrkräfte. Auch beim Publikum finden wir Resonanz in der ganzen Region.

Eine Region kann man vergleichen mit einem Wald, in dem die Lebewesen – zum Beispiel Pilze – viel mehr miteinander kommunizieren als auf den ersten Blick ersichtlich.

Welche Highlights stechen aus Ihrer Zeit bei der Camerata heraus?

Da gibt es einige, besonders erwähnen möchte ich eines der prächtigsten Projekte, die je vom Ensemble umgesetzt wurden: das Konzert «Zeit & Ewigkeit», das wir 2018 in der Französischen Kirche aufführten.

Diese Aufführung nutzte sämtliche Möglichkeiten des Raumes aus: Die Kirche wurde in beide Richtungen bespielt; Musiker/innen standen mitten im Schiff, auf der Orgelempore und alternierend auf einer Ost- und einer West-Bühne. Die Kirche wurde mit 1200 brennenden Kerzen beleuchtet. Auf einem leichten Stoff, der durch ein Lüftungsgerät in sanfte Bewegung versetzt wurde, projizierten wir Bilder. Interventionen von Geistlichen der jüdischen, römisch-katholischen und orthodoxen Konfessionen unterstrichen die religiöse Thematik von «Zeit & Ewigkeit». Drei Sängerinnen aus Polen sangen ein Revolutions- und ein polnisches Volkslied. Die Aufführung wurde entsprechend zu einer multikulturellen und -medialen Inszenierung, deren emotionelle Botschaft für Toleranz und Frieden in Bachs Choral «O grosse Lieb» gipfelte, der von den Konzertbesucher/innen mitgesungen wurde.

Der Abend rief in Erinnerung, zu welchen Grausamkeiten, aber auch Schönheiten der Mensch fähig war und ist. Dank des grossen Aufwands, den wir betrieben, wurden die Konzertbesucher/innen in eine ganz besondere, eine magische und aufnahmefähige Stimmung versetzt. Es freut mich sehr, dass «Zeit und Ewigkeit» am 13. September 2019 auch als CD herauskommt.

Sie widmen sich nun eigenen – noch nicht ganz spruchreifen – Projekten. Dazu wünschen wir Ihnen viel Freude und Erfolg! Alles Gute für die Zukunft!

Per 1. Juni 2019 haben Sonja Koller und Simone Wegelin die Co-Geschäftsführung der Camerata Bern übernommen.

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